Nach seinem Abschluß 1827 und einem kurzen Aufenthalt in ländlicheren Gefilden wurde ihm klar, daß das akademische Leben abseits von Paris unbefriedigend war und er erhielt nach seiner Heirat seine erste universitäre Anstellung an der Ecole Polythechnique als Assistent von Mathieu im Jahre 1831. Bis zu diesem Zeitpunkt hat er zahlreiche Arbeiten im Bereich partieller Diffferentialgleichungen, Elektrodynamik und Wärmelehreveröffentlicht.
Später, 1836, gründetet Liouville das "Journal de Mathematiques Pures et Appliquees". In diesem Jahr kam er auch erstmals als aussichtsreichster Kandidat für den Lehrstuhl für Analysis und Mechanik an der Ecole Polytechnique ins Gespräch, den er schlußendlich 1838 erhielt. Bemerkenswert war an Liouville war auch seine immense Lehrtätigkeit, die er an den verschiedensten Instituten in Frankreich unterhielt. Alle seine Vorlesungen waren perfektionisitsch vorbereitet und er konnte auch gar nicht anders. Diese Tatsache zusammen mit einem weiteren Eckpfeiler seines Lebens, nämlich seiner aktiven Beschäftigung in der Politik, sorgten dafür, daß seine Produktivität stark reduziert war gegen Ende der 40er Jahre.
Im nächsten Jahrzehnt sind vor allem die Jahre 1856 und 1857 als die wohl ergebnisreichsten zu erwähnen, gefolgt von einem weiteren Rückschlag, als 1859 mit Dirichlet sein wichtigster Ansprechpartner starb.
Kommen wir nun zum Oeuvre von Liouville, das sehr weit gefächert war. Zum Beginn seiner Laufbahn beschäftigte er sich, wie schon oben angesprochen mit physikalischen Problemen, doch genauso untersuchte er das Problem der Integrierbarkeit algebraischer Funktionen unabhängig von Abel. Einer der wichtigsten Beschäftigungsbereiche Liouville´s war sicherlich jeder der Transzendenten Zahlen. Er scheiterte zwar am Beweis der Transzendenz von e, konnte aber mithilfe von Kettenbrücchen die Existenz einer unendlichen Klasse von transzendenten Zahlen beweisen und später auch Ergebnisse, die von den Kettenbrüchen keinen Gebrauch mehr machten.
Im Bereich von Randwertproblemen von Differentialgleichungen 2. Ordnung ist natürlich auch die Theorie von Sturm-Liouville zu erwähnen, die zwischen 1829 und 1837 entwickelt wurde. Ein ganz großer Verdienst dieses Mathematikers war es natürlich auch, als erster die Bedeutung der Arbeiten Galois' zu erfassen und die Arbeiten des so jung verstorbenen Genies auszuarbeiten und Ungenauigkeiten zu ergänzen und somit das Werk Galois' erstmalig der mathematischen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Von seinen insgesamt 400 Veröffentlichungen sind ungefähr 200 dem Gebiet der Zahlentheorie zuzuordnen, in dem er sich unter anderem mit quadratischer Reziprozität befaßte.
Joseph Liouville starb am 8. September 1882 in Paris.